Staatsanleihen-Emission: Anleger ignorieren Herabstufung Italiens

Im Nachgang der Finanzkrise 2008 und auch der Schuldenkrise ist das Geschäftsmodell von Ratingagenturen verstärkt kritisiert worden. Vielfach wurden Forderungen laut, die Bonitätsbeurteilung nicht privaten Unternehmen zu überlassen, sondern unabhängige staatliche Institutionen mit dieser Aufgabe zu betrauen. Die Vor- und Nachteile einer solchen „unabhängigen“ Agentur, die höchstwahrscheinlich letztlich doch unter einem gewissen politischen Einfluss stehen würde, sind ebenfalls diskutiert worden. Aktuell zeigt sich jedoch, dass auch ohne bereits umgesetzte Regulierung auf diesem Gebiet die Machtposition der großen privaten Ratingagenturen zu schmelzen scheint.

Erst kürzlich hat die Ratingagentur Moody’s die Kreditwürdigkeit Italiens herabgestuft. Im Normalfall zieht eine Abstufung der Kreditwürdigkeit eine Erhöhung der Zinsen auf Staatsanleihen des betroffenen Landes nach sich, da letztlich mit der sinkenden Bonität das Ausfallrisiko der Papiere gestiegen ist. Diese eigentlich als Gesetzesmäßigkeit geltende Folge konnte jedoch nun im konkreten Fall Italiens nicht beobachtet werden. Trotz Herabstufung konnte sich Italien problemfrei zu Zinsen unter der Marke von fünf Prozent mit Staatsanleihen refinanzieren. Am gestrigen Freitag konnten über eine entsprechende Platzierung von Staatspapieren am Kapitalmarkt rund 3,5 Milliarden Euro aufgenommen werden. Bei einer Laufzeit von drei Jahren muss Italien dafür nun 4,65 Prozent Zinsen jährlich zahlen. Damit liegt die Rendite italienischer Staatsanleihen seit mehreren Monaten erstmals wieder unterhalb der 5-Prozent-Grenze. Zuletzt waren im Juni Zinsen von 5,3 Prozent fällig geworden.

Möglicherweise konnten Anleger die Entscheidung von Moody’s ebenso wenig nachvollziehen wie viele renommierte Volkswirte, die ebenfalls ihr Unverständnis zu diesem Schritt äußerten. Peter Bofinger beispielsweise kommentierte, dass Italien das solideste Land nach Deutschland sei. Zudem haben die Ökonomen von Barclays Capital einen positiven Ausblick formuliert: Nach den Entscheidungen der spanischen und griechischen Regierung scheint sich die europäische Währungsunion zwischenzeitlich wieder auf einem guten Weg in Richtung mehr Stabilität zu befinden. Ansteckungsgefahren blieben zwar weiterhin bestehen, dennoch wäre auch in Anbetracht der italienischen Fundamentaldaten eine Herabstufung der Bonität Italiens nicht zwingend erforderlich gewesen.

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