Strafzinsen für Spareinlagen bald an der Tagesordnung?

Vor wenigen Tagen machte die Deutsche Skatbank von sich reden, weil sie als erste Bank in Deutschland Strafzinsen für die Spareinlagen privater Kunden verlangt. Ob die Skatbank ein Einzelfall bleiben könnte, oder aber ihr zahlreiche weitere Banken folgen werden, darüber sind sich die Experten in Deutschland uneinig. Die „Welt am Sonntag“ hat dazu Asoka Wöhrmann, den Chefanlagestrategen der Deutschen Bank befragt. Die Antwort des Anlageexperten war eindeutig: Wöhrmann geht davon aus, dass dies kein Einzelfall bleiben wird.

Noch Seltenheit, bald Alltag?

Gegenüber der Sonntagszeitung machte Wöhrmann deutlich: „Einige wenige Banken berechnen ihren Kunden jetzt schon negative Zinsen. Das dürfte angesichts der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank bald keine Seltenheit mehr sein.“ Klare Worte in einer Zeit, in welcher die niedrigen Zinsen den deutschen Sparern längst den Hahn abgedreht haben und es bei vielen Banken und Sparkassen längst keine Luft mehr nach unten gibt für die Zinsen von Tagesgeldkonten, Sparbüchern, Festgeldanlagen und Co. Den Geldinstituten bleibt deshalb, so schlimm es für die Sparer ist, inzwischen oftmals keine andere Möglichkeit mehr, als die Sparzinsen gen Null zu senken oder aber, so wie jetzt bei der Deutschen Skatbank geschehen, unter Null. Dies ist nicht nur eine Folge des niedrigen Leitzinssatzes, sondern zugleich der Strafzinsen für Bankeinlagen bei der Europäischen Zentralbank, welche diese in diesem Sommer eingeführt, und im September sogar noch erhöht hat.

Deutsche Skatbank hat den Startschuss gegeben

Damit ist die Skatbank die erste Bank, welche diesen Schritt gegangen ist, doch sie wird nicht die einzige bleiben. Bislang mussten nur die Geschäftskunden einiger Banken mit Strafzinsen für ihre Einlagen hinnehmen, nun hat es mit den vermögenden Kunden der Skatbank erstmals auch die Privatkunden einer Bank in Deutschland erwischt. Die Deutsche Skatbank hat damit die rühmliche „Ehre“ erworben, hierzulande die erste der Banken gewesen zu sein, die ihren privaten Kunden eine negative Verzinsung für ihre Gelder aufs Auge drückt. Die letzte wird sie aber mit Sicherheit nicht sein. Ist nun einmal der Startschuss für Strafzinsen für Privatkunden gefallen, werden sich weitere Geldinstitute aufmachen, die Verzinsung für die Spareinlagen ihrer Kunden zu beschneiden. Erst im höheren Sektor, bei den Anlegern, die mehr auf der hohen Kante haben, später möglicherweise auch bei den Sparern, die keine halbe Million auf ihrem Konto liegen haben, sondern vielleicht nur ein paar zehntausend Euro. Den Banken sind hierbei keine Grenzen gesetzt, da die Geldanlage einem freien Wettbewerb entspringt. So wie es derzeit keine Handhabe gegen die hohen Zinsen für Dispokredite gibt, die zahlreiche Banken immer noch berechnen. Gibt es ebenso keine Handhabe bei Banken, die keine Verzinsung mehr für ihre Spareinlagen anbietet oder diese gar ins Minus verkehren. Der Sparer selbst ist es, der nun die Entscheidungen treffen muss, ob er sich dies von seiner Bank bieten lassen will oder ob er nicht besser zu einer anderen Bank wechseln mag, die ihm noch Zinsen für sein Geld anbietet.

Niedrigzinsen treiben Sparer in die Bredouille

Seit Jahren geht es mit den Sparzinsen nahezu konstant bergab. Die Niedrigzinsen bereiten vor allem den Sparern in Deutschland immer mehr Probleme. Die Sparneigung ist bereits deutlich gesunken, trotzdem bleiben die Bundesbürger das Volk der Sparer. Es gehört in Deutschland für viele Menschen nach wie vor einfach dazu, Geld auf die hohe Kante zu legen und eher keine Schulden zu machen, denn sich hoch zu verschulden, wie dies beispielsweise in den USA der Fall ist. Statistik: Anteil der Deutschen, die regelmäßig Geld zurücklegen (nach Bundesländern) | Statista
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista Genau das Sparen wird aber immer mehr zum Problem. Wie soll noch Geld auf ein Sparkonto gelegt werden, wenn es dafür keine Zinsen mehr gibt? Zwar liegt die Inflationsrate auf nur noch 0,8 Prozent aber wenn die Verzinsung für die Ersparnisse unter dieser Marke liegt, oder gar ins Negative gekehrt wird, zahlen die Sparer für das Sparen drauf. Das heißt, Sparen wird bestraft, egal ob die Bundesbürger gerne sparen oder nicht. Sie sollen es einfach nicht mehr. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank wirkt hiermit immer stärker negativ auf das deutsche Sparerleben ein. Will man sein Geld sicher anlegen, muss man teilweise lange nach gut verzinsten Sparkonten suchen. Immer mehr wird dies zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Nicht sichere Geldanlagen hingegen gibt es zuhauf von niedrigem Risiko bis zur hoch riskanten Anlageform.

Konsumieren und Investieren statt Sparen?

Wo sich Sparen nicht mehr lohnt, ist das Konsumieren nicht weit. Für Deutschland gilt dies ebenso, wenn auch nur bedingt. Hierzulande ist die Konsumfreude in den vergangenen Jahren steil angestiegen. Die Bundesbürger haben trotz der Finanzkrise weiter in die Tasche gegriffen und Geld ausgegeben. Ein Ende dieses Trends ist derzeit nicht in Sicht. Die niedrigen Sparzinsen, die nun sogar ins Negative abrutschen könnten, könnten den Konsum weiter befeuern, zumindest wenn es nach der Meinung und dem Wunsch der Experten geht. Der „Welt am Sonntag“ gegenüber machte Asoka Wöhrmann von der Deutschen Bank deutlich, dass er erwartet, dass die nominale negative Verzinsung zu einem positiven „Aha-Effekt“ führen wird bei den Sparern. Wöhrmann im genannten Interview: „Dann wird hoffentlich vielen klar, dass es sich nicht lohnt, immer mehr Geld auf Sparkonten herumliegen zu lassen.“ Das heißt, die Bundesbürger sollen nicht mehr Sparen, sondern stattdessen ihr Geld in Konsum und Investitionen stecken. Konsumieren und Investieren ist dann die neue Devise. Nun ist aber die Frage, wie sich dies in Deutschland, dem Land der Sparer, wirklich umsetzen lassen wird. Ja, die Zeiten haben sich verändert. Der Krieg ist lange her, viele haben heute Anderes im Sinn als die Vorsorge für schlechte Zeiten. Dennoch wird hierzulande weiter fleißig gespart, als ob es uns im Blut läge. Dies bekommen die Banken auch nicht durch Minuszinsen für Spareinlagen heraus, selbst wenn Experten wie Wöhrmann dies hoffen. Statistik: Gründe, warum die Deutschen zu Hause Bargeld ansparen bzw. zurücklegen | Statista
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Bundesbank äußert Besorgnis über Negativzinsen

In einem Interview mit der „BILD“ erklärte Andreas Dombret, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, dass es wichtig ist, die Entwicklung der Zinsen zu beobachten. Dombret im genannten Interview: „Es ist derzeit schwer abzuschätzen, ob und wenn ja, wie viele Banken ab welchem Anlagebetrag Negativzinsen an ihre Kunden weitergeben. Diese Entscheidung muss und kann jedes Institut selbst fällen. Es ist nicht an der Aufsicht, sich in die Geschäftspolitik eines Kreditinstitut einzumischen.“ Damit macht das Bundesbank-Vorstandsmitglied deutlich, wo die Grenzen für die neue Bankenaufsicht gesetzt sind. Dombret weiter: „Aber eines ist klar: Negativzinsen wären mehr als schädlich für die Sparkultur in Deutschland.“ Durch die gegenwärtige Zinsentwicklung, die sich ins Negative verkehrt und zu Minuszinsen führt, sieht Dombret „das Risiko von Blasen, zum Beispiel am Immobilienmarkt“. Die Bundesbürger warnt er davor, sich von dem niedrigen Niveau der Bauzinsen verlocken zu lassen. Deshalb empfiehlt er: „Jeder sollte nur investieren, was er auch bei normalem Zinsniveau investieren würde.“ Er verweist dabei auf einen Anstieg der Zinsen, der eines Tages wieder kommen und die Anschlussfinanzierung dann teuer machen würde. Dombret empfiehlt den Häuslebauern deshalb: „Das sollten Anleger nicht riskieren. Vor allem sollten sie immer genug Eigenkapital in die Finanzierung einbringen.“

Private Altersvorsorge in Gefahr

Die zunehmend sinkenden Zinsen, die sich nun wohl bei der einen oder anderen Bank auch in Minuszinsen verkehren werden, bringen zugleich die Private Altersvorsorge in Deutschland in Gefahr. Die Menschen scheuen sich immer mehr, Geld bei Riester Rente und Co. anzulegen, weil die Verzinsung, die sie dafür halten, teilweise einfach nur noch miserabel ist – und dies angesichts der hohen Kosten, welche für solche Verträge gezahlt werden müssen. Um die Altersvorsorge in Deutschland weiter auf Kurs halten zu können, ist nun der Gesetzgeber gefragt. Eine Senkung der Kosten muss her, damit die Bundesbürger wieder Lust auf die Riester Rente bekommen und wieder vermehrt damit anfangen, Geld für ihr Alter auf die hohe Kante zu legen. Derzeit setzen viele vor allem auf Immobilien, was aber gefährlich werden kann, wenn die Zinsen für die Anschlussfinanzierung, wie bereits oben geschrieben, steigen und das finanzielle Budget des Haushalts dann deutlich mehr belasten wird, als es zu Beginn der Baufinanzierung der Fall war.

Immobilienkredite ohne Eigenkapital bergen Gefahr

Zudem sind immer mehr Käufer von Eigenheimen und Eigentumswohnungen dazu übergegangen, sich ihr Wohneigentum ohne das Einbringen von Eigenkapital mittels Bankkrediten zu finanzieren. Dies kann natürlich in einer Phase der niedrigen Bauzinsen, wie wir sie derzeit immer noch erleben, Sinn machen. Doch kommt dann die Zeit, in welcher die Zinsen wieder steigen werden, kann dies zum Boomerang werden, der am Ende dazu führt, dass die Eigenheimbesitzer heillos überschuldet sind, und ihren Kredit nicht mehr bedienen können. Betrifft dies viele, wird die Immobilienblase platzen und viele Menschen zurücklassen, die hoch verschuldet sind und am Ende ihr Eigenheim verlieren werden. Eine Immobilie zur Privaten Altersvorsorge taugt deshalb nur dann wirklich, wenn für die Baufinanzierung
  • genügend eigenes Kapital mitgebracht,
  • derzeit eine möglichst lange Zinsbindung gewählt
  • und wenn das Darlehen dann möglichst schnell getilgt wird.
Hierbei ist aber zu beachten, dass die Raten bezahlbar sein sollten und nicht die Miete, die vorab gezahlt wurde, eins zu eins auf die Höhe der Kreditraten umgelegt wird. Diese Milchmädchenrechnung geht nicht auf und führt am Ende irgendwann dazu, dass man die Raten nicht mehr abstottern und den Baukredit nicht mehr tilgen kann.

Nächster EZB-Zinsentscheid am Donnerstag?

Am Donnerstag dieser Woche tritt der Rat der Europäischen Zentralbank zu seiner monatlichen geldpolitischen Sitzung zusammen. Hier werden wohl sowohl der Leitzins wie der Strafzins für Bankeinlagen bei der Notenbank Thema sein. Wie wird sich die EZB entscheiden? Für eine weitere Senkung des Leitzinssatzes auf unter 0,05 Prozent, für noch höhere Strafzinsen? Eine Vorhersage dazu zu treffen, ist derzeit schwierig. Es könnte alles beim derzeitigen Stand der Dinge bleiben oder die EZB könnte die Geldpolitik für die Euro-Zone weiter aufweichen. Eine Zinswende indes ist nicht Sicht. Diese wird aller Voraussicht nach noch lange auf sich warten lassen. Ein Ende der niedrigen Sparzinsen ist nicht in Sicht. Ein Abrutschen der Verzinsung in Minuszinsen für Privatanleger wie für Unternehmen ist wahrscheinlich. Nicht jede Bank wird den Trend der nominalen Negativzinsen mitgehen aber es werden sich höchstwahrscheinlich immer mehr Geldinstitute finden, Privatbanken wie öffentliche Institute, welche diesen Weg der Minuszinsen beschreiten werden.

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